Im Rahmen einer Sondersitzung des Verbandsausschusses des Verbandes der Feuerwehren in NRW (VdF NRW) hat der Präsident des Deutschen Feuerwehrverbandes (DFV), Hartmut Ziebs, heute folgende Erklärung abgegeben:
Nach den heftigen und unversöhnlichen Auseinandersetzungen der vergangenen Wochen bin ich zu dem Schluss gekommen, dass der Deutsche Feuerwehrverband in seiner derzeitigen Lage so nicht mehr führbar ist.
Der einzige Weg, den DFV aus der schlimmsten Krise seiner Geschichte zu führen, kann jetzt nur in einem kompletten Neustart liegen.
Diesem will ich nicht im Wege stehen.
Daher werde ich mein Amt zum 31. Dezember dieses Jahres niederlegen.
Für meine Entscheidung gibt es im Einzelnen folgende Gründe:
- Fortgesetzte Intrigen und Behinderungen meiner Arbeit
Die Mitglieder des DFV-Präsidialrats haben mir am 06.12.2019 in Braunschweig mit 5 zu 20 Stimmen das Vertrauen entzogen.
Die Gründe, die sie dafür nach wochenlangem Schweigen mündlich vorbrachten, sind in meinen Augen fadenscheinig und in keiner Weise belegt.
Nach zu lesen sind sie im derzeit einzigen Verlaufsprotokoll der Sitzung, dass der stellvertretende Vorsitzende des VdF NRW, Bernd Schneider, angefertigt hat und das ich im Anhang zu dieser Erklärung beifüge.
Gleichwohl haben mir diese „Gründe“ die Augen darüber geöffnet, dass und warum eine breite Mehrheit der Vorsitzenden unserer Mitgliedsverbände, also der Landesfeuerwehrverbände (LFV), nicht mit mir persönlich über meinen vorgeblichen „Verfehlungen“ gesprochen hat – geschweige denn ein Interesse hatte, diese „Konflikte“ sachlich und konstruktiv zu lösen.
Im Gegenteil: Heute kann ich nur zu dem Schluss kommen, dass meine Arbeit schon seit einiger Zeit bewusst hintertrieben wurde. Allein mit dem Ziel, auf meinen Rücktritt hinzuarbeiten. Dafür nur ein Beispiel:
Die Sitzung des Präsidialrates in Braunschweig war offiziell für zwei Tage anberaumt. Zimmerkontingente für die Teilnehmer waren gebucht.
Doch schon für den Abend des ersten Tages wurde durch den LFV Niedersachsen für 18 Uhr zu einer (Abschluss)Pressekonferenz geladen. Entgegen der Vereinbarung und dem Hinweis in der Einladung, die Sitzung in ziviler Kleidung durchzuführen, erschien eine Mehrheit in Uniform.
Auch der (durch die derzeitige Erkrankung der Bundesgeschäftsführerin in der DFV-Geschäftsstelle) amtierende stellvertretende Bundesgeschäftsführer wusste bereits vor Beginn der Präsidialratssitzung von der Einladung zur Pressekonferenz, ohne mir dies zur Kenntnis zu geben.
Allein aus diesem Verhalten kann ich nur schließen, dass dieser mit der Rückendeckung der Mehrheiten im DFV-Präsidium und im DFV-Präsidialrat ausgestattet ist – und war. Mir ist jetzt
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vollends klar, warum meine Personalentscheidung, diesen Mitarbeiter in der Bundesgeschäftsstelle mit anderen Aufgaben zu betrauen, auf so heftigen Widerstand gestoßen ist.
Ein Präsident, dessen Arbeit gezielt und mit „Segen“ des Präsidialrates von einem ihm untergeordneten Mitarbeiter torpediert wird? Unter diesen Umständen kann ich dem Verband nicht mehr so dienen, wie es meinen eigenen Ansprüchen entspricht. - Nicht konformes Verhalten
Ziel und Anspruch meiner Arbeit war immer, diesen Verband fit für die Zukunft zu machen, ihn, wo nötig, anzupassen an eine Gesellschaft, die sich so rasant verändert wie selten in der Geschichte.
Von neuen Herausforderungen bei der Nachwuchsgewinnung bis hin zu den Folgen des Klimawandels auch für die Feuerwehr.
Offensichtlich habe ich dabei die Gefühle und den Widerstand unterschätzt, die bei solchen Transformations-Prozessen geweckt werden.
Auch dafür ein Beispiel:
Nach meiner Teilnahme am „Cologne Pride“ 2019, dem „Christopher-Street-Day“ (CSD) in Köln, auf dem Motivwagen des „Netzwerk Vielfalt“ des VdF NRW bekam ich als Rückmeldung aus den Verbänden, dass dies als unnötige Provokation gewertet wurde.
Das passt in das Bild, dass mir hinter vorgehaltener Hand jetzt auch immer wieder gesagt wurde, ich sei zu progressiv in der Amtsführung gewesen und habe zu wenig darauf geachtet, auch den strukturkonservativen Teil der Feuerwehren im mitzunehmen.
Wenn das so empfunden wird, dann stelle ich fest: Zu jeder Zeit habe ich als DFV-Präsident alle Feuerwehrmitglieder in Deutschland gleich intensiv vertreten, dabei indes immer nach innen und außen einen integrativen Ansatz gelebt.
Ich halte diesen auch für notwendig und geboten, wenn wir unsere Feuerwehren als große und starke und offene Gemeinschaft für all die Menschen leben wollen, die uns engagiert, freudig und motiviert unterstützen wollen. Für all solche Menschen muss bei uns Platz sein.
Ein moderner DFV muss sich wandeln und seine Modernität auch zeigen. Wenn meine Werte und Grundüberzeugungen innerhalb des Verbandes nun in Frage stehen, mangelt es offenbar auch an einer grundsätzlichen Basis für einen weiteren Verbleib im Präsidentenamt. - Persönliche Gründe
Zu den Gründen für meine Entscheidung gehört neben meiner großen Sorge um die Zukunft unseres Deutschen Feuerwehrverbandes auch die Sorge um das Wohlergehen meiner Familie.
Der Umgang mit zahlreichen Hassbotschaften, Drohungen und Bedrohungen, der Posteingang gefährlich anmutender Sendungen bei uns zu Hause, die zunächst von Behörden untersucht werden müssen, aber auch die Einbeziehung meiner Angehörigen in öffentliche Schmähungen bringen mich zwangsläufig zu der Frage: Wie hoch darf der Preis sein, den ich bereit bin, für einen Verbleib im Amt zu zahlen?
Auch hier ein Beispiel:
Durch ein anonymes Schreiben an die Medien sowie verschiedene Stellen in Deutschland werde ich als Lügner und Betrüger beschimpft. Darin wird mein Familienunternehmen in Schwelm in deutlichen wirtschaftlichen Misskredit gebracht. Auch das darf ich im Sinne meiner Familie nicht riskieren.
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Es gehörte übrigens zu den Tiefpunkten meiner Erfahrungen in den letzten Wochen, dass dieses Schmähschreiben auch noch von einzelnen Verantwortungsträgern in Landesfeuerwehrverbänden bewusst weiterverbreitet worden ist.
Zu den seit gestern kursierenden Stellungnahmen der Landesverbände Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein: Mir ist völlig unklar, warum solche Vorwürfe erst nach Wochen vorgebracht werden, obwohl sie mitunter Vorgänge von vor Jahren betreffen und unzutreffend sind. Ich kündige an, dass ich mich gegen jede Form unzutreffender Vorwürfe und Schmähungen auch nach meinem Rücktritt juristisch zur Wehr setzen werde.
Erstmals ist nun auch durch einen Landesverbandsvorsitzenden und Vizepräsidenten des DFV die im Raum stehende Personalie der Bundesgeschäftsführerin, Frau Dr. Percin, öffentlich thematisiert worden.
Für mich sind dies Belege dafür, dass dieser Verband nicht mehr führbar ist. Auch die nun benannten Vorwürfe sprechen für sich selbst. Sie sind zum Teil nicht nur hanebüchen, sondern beziehen sich auch auf Vorgänge, die schon Jahre zurückliegen. Die Frage, warum man damit erst jetzt kommt, erspare ich mir. - Appell an meine Widersacher
Mit meinem Rücktritt setze ich auch ein Zeichen in Richtung der fünf DFV-Vizepräsidenten Frank Hachemer, Lars Oschmann, Christian Patzelt, Hermann Schreck und Dr. Christoph Weltecke, die mit ihrer Erklärung an den DFV-Präsidialrat und der darin enthaltenen Rücktrittsaufforderung den Anstoß für die öffentliche und mediale Krise unseres DFV gesetzt haben.
Deren Versicherung, nicht mit dem Aufgreifen dieses Zusammenhangs durch Medien gerechnet zu haben, ist entweder unwahr – oder dokumentiert angesichts eines Email-Verteilerkreises von 27 Präsidialratsmitgliedern ein mangelndes Einschätzungsvermögen, welches eine Qualifikation für eine solche verbandliche Tätigkeit in Frage stellt.
Dass gemäß Angaben der Redaktion des Feuerwehr-Magazins gleich drei Landesfeuerwehrverbände diese Mitteilung direkt nach Zugang an die dortige Redaktion geleitet haben, spricht nicht für das zu erwartende Miteinander im Verband und bestätigt überdies meine Einschätzung.
Ein wirklicher Neuanfang für den Deutschen Feuerwehrverband muss zwingend mit neuem Vertrauen durch und für alle Beteiligten verbunden sein. Ein solcher Neuanfang bedarf daher auch neuen verantwortlichen Personals, gerade im Präsidium des DFV. Daher appelliere ich von dieser Stelle aus – persönliche Kommunikation besteht zwischen uns nicht mehr – an Euch Vizepräsidenten: Macht Ihr – wie auch ich – den Weg frei für einen wirklichen Neuanfang im DFV, der nur mit unser aller Amtsverzicht denkbar ist.
Unter „Amtsverzicht“ verstehe ich hier neben dem Rücktritt auch den Verzicht auf eine neue Kandidatur für DFV-Spitzenämter, so dass unser Deutscher Feuerwehrverband mit einem wirklichen und ehrlichen Neustart verlorenes Vertrauen zurückgewinnen kann. - Mein persönliches Schlusswort
Offen gestanden: Es fällt mir nicht leicht, den Urhebern all dieser Handlungen mit meinem Rücktritt ein Gefühl des Erfolgs zu schenken.
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Aber unabhängig davon ist die Schwelle dessen, was ich meiner Familie an Zumutungen abverlangen kann, schon lange überschritten.
In den vergangenen zwei Wochen habe ich – das wird niemanden wundern – zahlreiche Wechselbäder der Gefühle durchlebt.
Den zahlreichen Anfeindungen von verbandlicher Seite und auch im Internet standen und stehen unzählige Aufrufe zum Durchhalten und Weitermachen gegenüber.
Vor allem wurde mir dabei signalisiert, dass sehr viele Menschen innerhalb wie außerhalb der Feuerwehren meine Amtsführung als der Zukunft zugewandt angesehen haben. Dafür bin ich Euch allen dankbar; diese Rückmeldungen waren und sind mir größte Motivation und Ehre zugleich.
Gleiches gilt für unsere Unterstützerinnen und Unterstützer in Wirtschaft, Fachverbänden und Institutionen der öffentlichen Hand, nicht zuletzt mit Blick auf die 2020 stattfindende Interschutz-Messe und den parallelen Deutschen Feuerwehrtag.
Verantwortlich für die Organisation des Deutschen Feuerwehrtages 2020 sind zwei meiner Vizepräsidenten, die Kameraden Hachemer und Schreck.
Die Konzepte für den Deutschen Feuerwehrtag, erstellt durch den Präsidenten und die Bundesgeschäftsführerin, stehen. Die Planungen sind sehr weit fortgeschritten, müssen aber nun mit Leben erfüllt werden.
Es liegt nun an den Vizepräsidenten, endlich die Verantwortung zu übernehmen und dieses wunderbare Event zu einem Erfolg fortzuführen. Da sich beide bislang nur rudimentär eingebracht haben, rate ich den Verantwortungsträgern im DFV dringend dazu, die weitere Entwicklung der Planungen intensivst zu begleiten und zu kontrollieren. Anderenfalls sehe ich erhebliche, auch wirtschaftliche Gefahren in diesem Großprojekt.
Meine derzeitigen Wünsche beinhalten einen weiterhin einheitlichen DFV als Dachverband aller Feuerwehren in Deutschland, der seine Strukturen zügig und zeitnah reformiert und die Feuerwehrbasis stärker als bisher in seine Arbeit einbindet.
Meine guten Wünsche und herzlichen Grüße gelten vor allem den Feuerwehrangehörigen, die an einem weltoffenen, modernen und erneuerten DFV mitarbeiten wollen: Engagiert Euch, bringt Euch ein und baut ein gemeinsames Haus der deutschen Feuerwehren, das ihrem guten Ruf gerecht wird!
Zum Jahreswechsel werde ich die Uniform des DFV-Präsidenten ausziehen.
Aber Feuerwehrmann und Feuerwehrfrau bleibt man in Kopf und Herz auf immer, und so hängt nach wie vor meine Uniform bei meiner heimatlichen Feuerwehr in Nordrhein-Westfalen, wo ich mit Euch gemeinsam unserem Leitspruch dienen werde: „Gott zur Ehr, dem Nächsten zur Wehr!“
Danke das ich den Feuerwehrleuten und Deutschland vier Jahre dienen durfte.
Hartmut Ziebs
Wuppertal, den 14. Dezember 2019