Die Entwicklung der Pandemie durch das SARS-CoV 2 Virus schreitet mit einer Verringerung der Neuinfektionen voran und stellt uns immer neue Fragen:
Können wir den First Responder-Dienst (organisierte Erste Hilfe) wieder aufnehmen?
Viele Feuerwehren sind seit vielen Jahren vorbildlich im Bereich der organisierten Ersten Hilfe tätig. Hierbei verfolgen sie gerade bei lebensbedrohlichen Situationen das Ziel, das therapiefreie Intervall zu verkürzen. Gerade bei einem Herz-Kreislaufstillstand kann hierdurch die Überlebenswahrscheinlich des betroffenen Patienten deutlich verbessert werden, jede Minute früheres Eintreffen am Patienten optimiert die Erfolgsrate um 10 Prozent. Dabei stellt die Organisierte Erste Hilfe keine Konkurrenz zur klassischen Erste Hilfe durch Laien oder zum professionellen Rettungsdienst, sondern eine Ergänzung, Verbesserung und Optimierung, dar. Grundsätzlich gilt es festzustellen, dass die rettungsdienstliche Versorgung der Bevölkerung im internationalen Vergleich gut ist und den gesetzlichen Vorgaben entspricht. Die Grundlage für die organisierte Erste Hilfe, deren Tätigkeit und Alarmierung findet sich in den länderspezifischen Regelwerken.
Es stellt grundsätzlich eine freiwillige Tätigkeit der Feuerwehren oder der Hilfsorganisationen dar, eine Kosten- oder Materialerstattung ist nicht vorgesehen. Hierdurch wird noch einmal das hohe Engagement der durchführenden Helfer belegt. Zum Schutz der Gesundheit der Feuerwehrangehörigen und zur Sicherstellung der Kern- und vor allem Pflichtaufgaben der Feuerwehren haben wir im Rahmen der Pandemie eine vorübergehende Einstellung des First Responder-Dienstes empfohlen. Nachdem nun die Pandemie derzeit einen erfreulichen Verlauf nimmt, stellt sich die Frage, ab wann dieser doch wichtige Dienst wieder aufgenommen werden kann. Aus epidemiologischer und infektiologischer Sicht spielt sicher der Gesundheitsstand der Feuerwehr, der (regionale) R-Wert, die (7-Tages-) Inzidenz und weitere Parameter zur Beurteilung der Pandemiedynamik eine Rolle. Bei der Entscheidung sollte auch der Zeitpunkt der Rücknahme des Katastrophenfalls (beispielsweise Bayern), der Pandemieerklärung (WHO) und des Ausnahmestandes (Bund) einbezogen werden. Rechtlich sind in diese Entscheidung neben dem Leiter und Verantwortlichen der Feuerwehr, der Unternehmer selbst, auch der Träger des Rettungsdienstes (zum Beispiel Zweckverband) und der Ärztliche Leiter Rettungsdienst (ÄLRD) einzubinden. Die Risikoeinschätzung kann nach folgender Formel terminiert werden:
Eine generelle und allgemein gültige Antwort auf die Frage zur Wiederaufnahme kann daher nicht gegeben werden, sondern bedarf einer differenzierten Diskussion aller Beteiligten unter Berücksichtigung aller Parameter vor Ort.
Allerdings stellt diese Zäsur dieses Dienstes eine günstige Gelegenheit dar, die gegebenenfalls tradierten Strukturen des Dienstes zu evaluieren und gegebenenfalls entsprechend durch Änderungen anzupassen. Hierzu erlaube ich mir folgende Fragen Stimmen meine Alarmierungsschwellen und -indikationen? Sind meine personellen Kapazitäten noch entsprechend? Ist meine materielle Ausstattung dem Dienst angemessen? Ergeben sich Ausbildungsdefizite bei den Helfern? Sind die inneren und äußeren Strukturen dienlich? Ist ein Hygienekonzept vorhanden? Besteht eine Gefährdungsanalyse gemäß DGUV-Vorschrift 49? Die gesetzlichen Anforderungen an Personal und Material werden erfüllt? Betrachtet man konservativ die Aufgabe der Abwendung von Lebensgefahr in zeitkritischen Situationen könnten folgende Antworten entstehen: Alarmierungsindikationen Bewusstlosigkeit ausgeprägte oder akute zunehmende Atemnot, Zyanose, Herz-Kreislaufstillstand thorakaler Vernichtungsschmerz Sturz aus großer Höhe Polytrauma schwere äußere Blutung
Ausstattung Notfall-Sanitätsbehältnis (nach DIN 13155) Verbandsmaterial Produkt zur Immobilisierung der Halswirbelsäule Sauerstoffapplikationsmöglichkeiten Beatmungshilfe. Absaugpumpe Automatisierter externer Defibrillator (AED) Hygiene-Schutzausstattung Funk- und Alarmierungsmöglichkeiten Feuerwehrausstattung
Im Rahmen des Gesundheits- und Hygienemanagements empfehlen wir die Beachtung folgender
Hinweise zur Hygiene:
Grundsätzlich nehmen nur körperlich geeignete Feuerwehrkräfte an den Einsätzen teil, das heißt sie sind gesund und insbesondere frei von ansteckenden Krankheiten und Fieber. Erkrankungen, vor allem Infektionserkrankungen werden unverzüglich dem Leiter der Feuerwehr angezeigt. Die persönliche Hygiene wird intensiv beachtet. Die Hände werden regelmäßig, am besten vor dem Einsatz desinfiziert gewaschen und gegebenenfalls desinfiziert. Nies- und Hustenetikette werden beachtet. Abstandsregeln werden eingehalten. Im Gerätehaus wird ein Mund-Nasen-Schutz (MNS) getragen. Die Schutzkleidung wird grundsätzlich nur im Feuerwehrgerätehaus/auf der Feuerwache aufbewahrt. Die Schutzkleidung wird regelmäßig, vor allem nach dem Einsatz gewechselt, gereinigt oder mit mindestens 60 Grad gewaschen Im Einsatz wird saubere Einsatzkleidung getragen. Im Gerätehaus wird kontaminierte Schutzkleidung und Privatkleidung getrennt aufbewahrt.
Vor dem First Responder Einsatz:
Grundsätzlich wird eine geeignete Schutzkleidung getragen. Die Schutzkleidung wird durch eine FFP 2 oder 3-Maske bei Rettungstätigkeiten an Patienten ergänzt. Die Maske muss richtig über Mund, Nase und Wangen platziert sein und an den Rändern möglichst eng anliegen. Die Außenseite der gebrauchten Maske ist potentiell erregerhaltig. Um eine Kontaminierung der Hände zu verhindern, sollte diese möglichst nicht berührt werden. Die Schutzkleidung wird durch eine Schutzbrille und Einweg-Infektionshandschuhe ergänzt Ein Händedesinfektionsmittel wird im Einsatzfahrzeug vorgehalten
Bei der Patientenversorgung:
Zunächst wird bei der Befragung des Patienten (Anamnese) ebenfalls ein Mindestabstand eingehalten. Der Mindestabstand wird nur für unmittelbare Tätigkeiten am Patienten verringert. Es sollte eine übermäßige Aerosolbildung vermieden und für eine gute Belüftung des Einsatzraumes gesorgt werden. Der Patient wird mit einem MNS, gegebenenfalls einer Sauerstoffmaske versorgt. Unter Umständen kann bei einer Reanimation auf die Beatmung verzichtet werden, Beatmungshilfen (Maske, Beutel) können verwendet werden. Nach einem Patientenkontakt erfolgt eine Desinfektion der Hände
Nach dem First Responder Einsatz und Rückkehr zum Standort:
Es erfolgt eine erneute Waschung der Hände, ersatzweise eine Desinfektion Korrektes Ablegen der Schutzbrille und Schutzmaske, gefolgt von einer erneuten Reinigung der Hände. In Schutzkleidung wird auf Rauchen, Essen oder auf private Verrichtungen und Erledigungen verzichten. Die FFP 2 oder 3-Maske wird durch einen MNS ersetzt. Alle verwendeten Einmalartikel einschließlich MNS werden sachgerecht entsorgt. Alle verwendeten Mehrwegartikel werden ebenfalls sachgerecht gesammelt und einer Desinfektion und Reinigung zugeführt.
Nach dem First-Responder Einsatz am Standort:
Vorhalten von Hände- und Flächendesinfektionsmittel Vorhalten von Hautschutzprodukten Desinfektion und Reinigung sämtlicher Artikel, Materialien und Flächen, die denkbar mit dem Patienten Kontakt hatten, zum Beispiel Notfallbehältnis, Medizinprodukte, hierzu werden Handschuhe, MNS und eine Einwegschürze getragen Desinfektion und Reinigung aller Kontaktflächen im Einsatzfahrzeug (Sitz, Lenkrad, Schalthebel etc.) Sachgerechtes Ausziehen der Schutzkleidung, diese wird einer Reinigung, bzw. Waschung zugeführt. gegebenenfalls Duschen Ersatz aller verbrauchten Artikel, insbesondere der Schutzausstattungen. Das Gerätehaus wird in Privatkleidung nach einer abschließenden und erneuten Händereinigung verlassen.
Klaus Friedrich,
Medizinaldirektor Bundesfeuerwehrarzt